Romantisch – dies Wort fällt die bei diesem Bild von Caspar David Friedrich bestimmt ein. Romantisch waren Liebesgedichte in früheren Zeiten (denen von Goethe und Eichendorff z.B.).
Romantische Zeiten? Wohl kaum. Es waren aber Zeiten, in denen Menschen anders geliebt haben müssen als wir Heutigen.
Und doch klingen die Reime als verstünden wir sie. Romantisch – seltsame Erinnerung.
Seltsam vertraut über die Ferne der Zeiten, vertraut als wäre Romantik und Liebe etwas, das jeder Mann und jede Frau versteht.
Du bist mein, ich bin dein
Du bist mein, ich bin dein:
Des sollst du gewiss sein.
Du bist beschlossen
In meinem Herzen:
Verloren ist das Schlüsselein,
Du musst immer drinne blein.
Dietmar von Eist: Minnesangs Frühling
Es war ein König von Thule
Es war ein König in Thule,
Gar treu bis an das Grab,
Dem sterbend seine Buhle
einen goldnen Becher gab.
Es ging ihm nichts darüber,
Er leert‘ ihn jeden Schmaus;
Die Augen gingen ihm über,
So oft er trank daraus.
Und als er kam zu sterben,
Zählt‘ er seine Städt‘ im Reich,
Gönnt‘ alles seinen Erben,
Den Becher nicht zugleich.
Er saß bei’m Königsmahle,
Die Ritter um ihn her,
Auf hohem Väter-Saale,
Dort auf dem Schloss am Meer.
Dort Stand der alte Zecher,
Trank letzte Lebensglut,
Und warf den heiligen Becher
Hinunter in die Flut.
Er sah ihn stürzen, trinken
Und sinken tief in’s Meer,
die Augen täten ihm sinken,
Trank nie einen Tropfen mehr.
J. W. von Goethe (im Faust I, Abend)
Willkommen und Abschied
Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde!
Es war getan fast eh gedacht;
Der Abend wiegte schon die Erde
Und an den Bergen hing die Nacht
Schon stand im Nebelkleid die Eiche
Ein aufgetürmter Riese, da,
Wo Finsternis aus dem Gesträuche
Mit hundert schwarzen Augen sah.
Der Mond von einem Wolkenhügel
Sah kläglich aus dem Duft hervor;
Die winde schwangen leise Flügel
Umsausten schauerlich mein Ohr
Die Nacht schuf tausend Ungeheuer
Doch frisch und fröhlich war mein Mut
In meinen Adern welches Feuer!
In meinen Herzen welche Glut!
Dich sah ich, und die milde Freude
Floß von dem süßen Blick auf mich;
Ganz war mein Herz an deiner Seite
Und jeder Atemzug für dich.
Ein rosafarbenes Frühlingswetter
Umgab das liebliche Gesicht,
Und Zärtlichkeit für mich – ihr Götter!
Ich hofft es, ich verdient es nicht!
Doch, ach schon mit der Morgensonne
Verengt der Abschied mir das Herz
In deinen Küssen welche Wonne!
In deinem Auge welcher Schmerz!
Ich ging und du standst und sahst zu Erden
Und sahst mir nach mit nassen Blick:
Und doch welch Glück geliebt zu werden!
Und lieben, Götter, welch ein Glück!
J. W. von Goethe
Das zerbrochene Ringlein
In einem kühlen Grunde,
Da geht ein Mühlenrad,
Mein Liebchen ist verschwunden,
Das dort gewohnet hat.
Sie hat mir Treu‘ versprochen,
Gab mir ein‘ Ring dabei,
Sie hat die Treu‘ gebrochen,
Das Ringlein sprang entzwei. 😐
Ich möcht‘ als Spielmann reisen
Wohl in die Welt hinaus
Und singen meine Weisen
Und geh‘ von Haus zu Haus. 😐
Ich möcht‘ als Reiter fliegen
Wohl in die blut’ge Schlacht,
Um stille Feuer liegen
Im Feld bei dunkler Nacht. 😐
Hör‘ ich das Mühlrad gehen,
Ich weiß nicht, was ich will;
Ich möcht‘ am liebsten sterben,
Da wär’s auf einmal still. 😐
Joseph von Eichendorff
Weil ich dich liebe
Weil ich dich liebe, bin ich des Nachts
So wild und flüsternd zu dir gekommen,
Und dass du mich nimmer vergessen kannst,
Hab ich deine Seele mitgenommen.
Sie ist nun bei mir und gehört mir ganz
Im Guten und auch im Bösen;
Von meiner wilden, brennenden Liebe
Kann dich kein Engel erlösen.
Hermann Hesse
Minnegesang/Dietmar von Eist
Walther von der Vogelweide
Du biss min,ich bin din.
Dess sollt du gewiss sin.
Du biss beschlossen in minem Herzen,
verloren iss dess Schlüsselin,
du moast immer drin sin.
Liebesgedichte, klassisch, romantisch
Einen Minnesang hab ich auch auf Lager. Meine Mutter hat das Lied – aus dem 15. Jahrhundert vermutlich – oft mit mir gesungen.
Ich hab mich bei diesem Lied schon als Kind immer wieder irritiert gefragt, was dieser einschränkende Konjunktiv denn nun sagen soll. Irgendwas, sagte ich mir, passt da nicht zusammen.
All mein Gedanken, die ich hab
All mein‘ Gedanken, die ich hab‘,
Die sind bei dir.
Du Auserwählter einz’ger mein,
Bleib stets bei mir!
Du, du, du sollst an mich gedenken;
Hätt ich aller Wünsch‘ Gewalt,
von dir wollt‘ ich nicht waenken.
Du Auserwählter einz’ger mein,
Gedenk‘ daran:
Mein leib und gut,
Das sollt du ganz zu eigen han
Dein, dein, dein will ich allzeit bleiben
Du gibst mir freud und hohen Mut
Und kannst mein Leid vertreiben.