Shakespeare Sonett XVIII

Dieses Shakespeare Denkmal steht in Weimar.
Dieses Shakespeare Denkmal steht in Weimar.

William Shakespeare hat sich nicht nur durch seine Tragödien und Komödien unsterblich gemacht, sondern auch durch seine Sonette. Das Thema dieses Sonetts, dem Sonett LXIII, welches als das berühmteste seiner 154 Sonette gilt, kehrt in fast allen Sonetten, die ich von Shakespeare kenne, wieder auf. Die Vergänglichkeit der Jugend, der Schönheit. Der grausame Zahn der Zeit – er rafft alle Jugend und Schönheit und Blüte, er rafft alles dahin. Und nichts bleibt von dir, wenn du dich nicht schon zu Lebzeiten auf Erden unsterblich machst. Kinder zu zeugen, ist eine Möglichkeit, unsterblich zu werden, eine andere das Gedicht. Man meint fast, wenn man seine Sonette liest, eben dieses Grauen vor der eigenen Vergänglichkeit hätte ihm zum Dichten angetrieben.

Angesichts der Tatsache, dass diese 154 Sonette von Shakespeare von über 300 Dichtern ins Deutsche übersetzt wurden, möchte ich euch wenigstens 2 davon – zum Vergleich – anbieten.

Sonett XVIII – Übersetzung Karl Kraus

Soll ich denn einen Sommertag dich nennen,
dich, der an Herrlichkeit ihn überglänzt?
Dem Mai will Sturm die Blütenpracht nicht gönnen,
und Sommers Herrschaft ist so eng begrenzt.

Oft leuchten seines Blickes Feuerfarben,
doch bald auch hört das goldne Glänzen auf,
bis seine allerletzten Spuren starben
in Wechsel und natürlichem Verlauf.

Dir aber soll der Sommer niemals scheiden,
die Zeit sei fern, daß Schönheit dir verdirbt.
Des Todes gier’ger Blick weiß dich zu meiden:
mein Wort verhütet, daß dein Wesen stirbt.

Solange Ohren hören, Augen sehn,
besteht mein Lied, wirst du im Lied bestehn!

Shakespeare - 1564 bis 1616, die Sonette erschienen im Jahr 1606. Dieses Denkmal steht in Weimar.
Shakespeare – 1564 bis 1616, die Sonette erschienen im Jahr 1606

Sonett XVIII – Übersetzung Max Josef Wolff

Soll ich dich einem Sommertag vergleichen?
Er ist wie du so lieblich nicht und lind;
Nach kurzer Dauer muß sein Glanz verbleichen,
Und selbst in Maienknospen tobt der Wind.

Oft blickt zu heiß des Himmels Auge nieder,
Oft ist verdunkelt seine goldne Bahn,
Denn alle Schönheit blüht und schwindet wieder,
Ist wechselndem Geschicke untertan.

Dein ew’ger Sommer doch soll nie verrinnen,
Nie fliehn die Schönheit, die dir eigen ist,
Nie kann der Tod Macht über dich gewinnen,

Wenn du in meinem Lied unsterblich bist!
Solange Menschen atmen, Augen sehn,
Lebt mein Gesang und schützt dich vor Vergehn!

© Shakespeare, Übersetzung Max Josef Wolff

Quellen

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