J.W. von Goethe: Studierzimmer, Faust

Ich bin des trocknen Tons nun satt
Muss wieder recht den Teufel spielen.
Der Geist der Medizin ist leicht zu fassen.
Ihr durchstudiert die groß´ und kleine Welt,

Versform: Madrigalvers / jambisch, überwiegend mit Kreuzreim


Studierzimmer

Faust, Mephisto, Schüler, nach Abschluss der Wette

„Ich bin des trocknen Tons nun satt
Muss wieder recht den Teufel spielen.
Der Geist der Medizin ist leicht zu fassen.
Ihr durchstudiert die groß´ und kleine Welt,
Um es am Énde gehn zu lassen,
Wie´s Gott gefällt.
Vergebens, dass ihr ringsum wissenschaftlich schweift,
Ein jeder lernt nur, was er lernen kann.
Doch der den Augenblick ergreift,
Das ist der rechte Mann.
Ihr seid noch ziemlich wohlgebaut,
An Kühnheit wird´s euch auch nicht fehlen,
Und wenn ihr euch nur selbst vertraut,
Vertrauen euch die andern Seelen.
Besonders lernt die Weiber führen,
Es ist ihr ewig Weh und Ach
So tausendfach
Aus einem Punkte zu kurieren,
Und wenn ihr halbwegs ehrbar tut,
Dann habt ihr sie all unter´m Hut.
Ein Titel muss sie erst vertraulich machen,
dass eure Kunst viel Künste übersteigt,
Zum Willkomm tappt ihr dann nach allen Siebensachen,
Um die ein andere viele Jahre streicht.
Versteht das Pülslein wohl zu drücken,
Und fasset sie mit feurig schlauen Blicken,
Wohl um die schlanke Hüfte frei
Zu sehn, wie fest geschnürt sie sei. „

Johann, Wolfgang von Goethe: Faust I, Studierzimmer

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